In Perlesreut wurde der erste Grünen-Ortsverband im Landkreis Freyung-Grafenau gegründet
Von Andreas Meyer
Perlesreut. In Bayern sind sie seit der Landtagswahl zweitstärkste Kraft, in bundesweiten Umfragen nur noch knapp hinter der Union – keine Frage, die Grünen befinden sich derzeit auf einem Höhenflug. Und das nicht nur auf Landes- oder Bundes-, sondern auch auf kommunaler Ebene. 85 Grünen-Ortsverbände seien seit der letztjährigen Landtagswahl alleine in Bayern gegründet worden, sagt der Landesvorsitzende Eike Hallitzky stolz. Nun erreicht die „grüne Welle“ auch den Landkreis Freyung-Grafenau: In Perlesreut wurde der erste Ortsverband im Landkreis gegründet.
„Es ist eigentlich eine Sensation. Vor zehn Jahren wurden für unsere grünen Ideen noch belächelt und nun haben wir auch im Bayerischen Wald Ortsverbände. Wir sind auf dem Land angekommen“, freute sich der Bezirksvorsitzende Jens Schlüter. Er kam ebenso wie Hallitzky und die beiden Landtagsabgeordneten Toni Schuberl und Tessa Ganserer zur Gründung ins Gasthaus Hafner. Knapp 40 weitere Gäste, darunter auch Nicht-Mitglieder, sorgten dafür, dass der Nebenraum fast zu klein wurde. „Daran sieht man, wie groß das Interesse ist“, sagte Hallitzky.
Als Grund für den Höhenflug seiner Partei macht der Landesvorsitzende die gesellschaftspolitischen Entwicklungen im vergangenen Jahr aus. Die Fridays for Future-Bewegung, die Diskussion um das Polizeiaufgabengesetz, die klare Haltung gegen Rechts – all das spiele den Grünen in die Karten. „Wir bestimmen die politische Debatte, sei es beim Klimaschutz, beim Artenschutz, beim Kampf gegen Rechts oder bei Fragen des sozialen Zusammenhalts. Wir sind derzeit der Taktgeber, das sieht man ja auch daran, dass Ministerpräsident Markus Söder plötzlich ergrünt ist“, sagte Hallitzky. Dass so viele grüne Ortsverbände gegründet werden, freut den Landesvorsitzenden natürlich außerordentlich. „Die Menschen vor Ort erwarten, dass wir Gestaltungswillen zeigen. Es ist wichtig Präsenz zu zeigen, auch in den Kommunalparlamenten“, so Hallitzky.
Wie Hallitzky hofft auch MdL Tessa Ganserer, dass schon bald im Kreis FRG weitere Ortsverbände auf Perlesreut folgen. Ganserer, gebürtig aus Zwiesel und selbst transident, engagiert sich im Landtag vor allem für gesellschaftliche Randgruppen.
Engagement für Randgruppen
„Es geht mir und den Grünen um gerechte Teilhabe für jeden Menschen, egal welcher Herkunft, welcher sexuellen Orientierung oder wie arm oder reich er ist. Die CSU schenkt nur der Mehrheit der Menschen Konzepte, nicht aber den Randgruppen“, bemängelt Ganserer. Als Beispiel nannte sie das Thema Mobilität auf dem Land. Klar könne man in Freyung-Grafenau beim ÖPNV keinen 120-Sekunden-Takt wie in Nürnberg erreichen, aber eine Verbesserung sei dringend notwendig. „Nur so können Menschen ohne Führerschein, Jugendliche, Senioren am gesellschaftlichen Leben teilnehmen“, so Ganserer. Sie schloss ihr Grußwort mit einem Appell: Der ländliche Raum, also auch der Landkreis Freyung-Grafenau, müsse für jeden attraktiv und ein Raum zum Leben sein. „Auch wenn man bunte Haare hat oder bisexuell ist“, so Ganserer. Es sei deshalb so wichtig, dass Grüne im Gemeindebereich für grüne Ideen und Werte eintreten und ihnen damit ein Gesicht geben. „Schön, dass ihr ein bunter Farbklecks seid“, so Ganserer an die Mitglieder des neuen Ortsverbandes gerichtet.
Der „grüne Farbklecks“ in Perlesreut, Ringelai und Fürsteneck besteht derzeit aus sieben Parteimitgliedern. Vier waren zu der Versammlung gekommen, drei bilden den Vorstand. Als Sprecher fungieren die 60-jährige Seniorenbetreuerin Inge Ilg und der 37-jährige Kino-Leiter HaJü Hödl. Als Schriftführer komplettiert Alexander Fürst das Vorstandstrio. In Ihrer Antrittsrede betonte Ilg, dass sie in Perlesreut eine „grüne Spur hinterlassen“, will.
„Wir besetzen Themen, die vielen auf der Seele brennen. Wir haben nur eine Welt, und in der sollten Mensch, Natur und Tier einen Platz haben. Unsere Devise ist: An morgen denken“, so Ilg.
Grüne Ideen für Perlesreut
In Perlesreut habe sich in den vergangenen Jahren dank der Bürgermeister Eibl und Poschinger viel Gutes getan, der Markt sei auf einem guten Weg. Trotzdem gebe es Bereiche, die die Grünen-Sprecherin „anstoßen“ möchte. So möchte sie mehr Begrünung im Markt, das Thema Müllvermeidung müsse stärker in den Fokus rücken, Jung und Alt müssten mehr zusammengebracht werden und die Nachbarschaftshilfe müsse ausgebaut werden. Ganz besonders wichtig ist Ilg der Tierschutz. „Der spielt bei den Regierungsparteien leider kaum eine Rolle“. so Ilg. In Perlesreut schwebt ihr zum Beispiel eine Auffangstation für wilde Katzen vor.
HaJü Hödl stimmte seiner Co-Sprecherin in allen Bereichen zu. Besonders wichtig ist ihm, in Perlesreut und Umgebung die „Landflucht“ zu stoppen. „Es ist wichtig, dass sich jeder hier wohlfühlt“, so Hödl. Man wolle eine Anlaufstelle für Jedermann sein, auch deshalb soll es monatlich einen Stammtisch geben, bei dem auch Nicht-Mitglieder mitdiskutieren sollen. „Wir wollen was reißen in Perlesreut, Ringelai und Fürsteneck“, sagte Hödl. Bereits für die kommende Gemeinderatswahl wollen die Grünen um Hödl und Ilg eine Liste in Perlesreut stellen. „Da werden wird den gesamten Gemeinderat übernehmen und grüne Themen durchsetzen“, so Hödl mit verschmitztem Lächeln.
Quelle: Passauer Neue Presse vom 07.09.2019
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