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Von Bernhard Brunner
Die Freude über die guten Ergebnisse von Bündnis 90/Die Grünen bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz am Sonntag, aber auch Kritik an Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer beherrschten eine Online-Veranstaltung des Grünen-Kreis- und Bezirksverbands am Montagabend. Der Mensch gehört mehr in den Mittelpunkt“, forderte Bundestagskandidatin Stefanie Auer für die künftige Verkehrspolitik.
Unter der Moderation von Olivia Kreyling, stellvertretende Landrätin in Kelheim, stand zunächst Andreas Scheuer unter schwerem Beschuss. Der aus Aachen zugeschaltete Bundestagsabgeordnete Oliver Krischer, stv. Fraktionsvorsitzender und stv. Mitglied im Pkw-Maut-Untersuchungsausschuss, zeigte sich erfreut über das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, nach dem die Pkw-Maut – in den Augen der Grünen „ein absurdes Projekt“ – in Deutschland nicht mit EU-Recht vereinbar ist. Scheuer habe das Parlament „bewusst belogen“, betonte Krischer. Der Grünen-Abgeordnete sprach von einem riesigen politischen Schaden, weil dadurch Reformschritte zum Klimaschutz über Jahre blockiert seien. Man sei „absolut fassungslos, dass Andreas Scheuer immer noch im Amt ist“, so Krischer. Die 500 Millionen Euro, die als Verlust aus dem Streit um die Pkw-Maut im Feuer stehen, „könnten wir auch bitter gebrauchen für die Verkehrswende in Bayern“, unterstrich MdL Dr. Markus Büchler, Sprecher für Mobilität der Landtagsfraktion. Auf Bairisch ausgedrückt skizzierte er die Infrastruktur vor allem bei der Eisenbahn mit den Worten „Da fehlt’s vom Boa weg“. Büchler verlangte deutlich mehr Regionalisierungsmittel – unter anderem für die Reaktivierung der Ilztalbahn und das Festhalten an der Strecke Gotteszell-Viechtach.
Gegen die „Reaktivierungs-Verhinderungskriterien“ in Bayern wetterte MdL Toni Schuberl, der den fehlenden politischen Willen der Regierungen von Bund und Land zu Verbesserungen anprangerte. Er versicherte, dass die Grünen ab 2023 die beiden genannten Bahnstrecken „in den Regelbetrieb zurückführen.“ Schuberls Landtagskollege Büchler monierte eine „verheerende Bilanz der CSU-Verkehrspolitik“, die gerade in Niederbayern rein auf den Bau von Straßen ausgerichtet sei.
Die Passauer Bundestagskandidatin Stefanie Auer vermisste in der Politik Akteurinnen beim Thema Mobilität, obwohl gerade Frauen stärker auf öffentliche Verkehrsmittel und die notwendige Infrastruktur angewiesen seien. Auch in der Städteplanung sollten unter diesem Aspekt Wege berücksichtigt werden, zum Beispiel bei der Optimierung von Fußgänger-Ampelschaltungen oder beim Ausbau von Bahnhöfen, wo oftmals von Müttern mit Kinderwagen, aber auch von Senioren zu viele Treppen überwunden werden müssten. Stark machte sich Stefanie Auer für mehr Platz für Radfahrer. „Flächen anders verteilen“, so lautete ihr Postulat. Generell plädierte die Passauer Stadträtin für mehr Frauen in der Politik, gerade auch in der Verkehrspolitik.
Rückendeckung erhielt Stefanie Auer von der Moderatorin des virtuellen Diskurses mit knapp 30 Teilnehmern, darunter auch MdL Rosi Steinberger, Fraktionssprecherin für Verbraucher- und Tierschutz. „Es mangelt überall an Frauen“, gab Olivia Kreyling vom Grünen-Ortsverband Mainburg zu bedenken.
Die falsche Verteilung von Geld in der Verkehrspolitik bedauerte MdB Oliver Krischer. Gerade die Bahn, in die lediglich zehn Prozent der Bundesmittel fließen würden, sei jahrzehntelang vernachlässigt worden. Subventionen für Dienstwagen und Diesel müssten schrittweise abgebaut werden, so Krischer, der eingestand, dass das Auto im ländlichen Bereich weiter eine Rolle spielen werde. „Aber wir müssen es CO2-frei machen“, merkte er an.
Die fehlenden Verkehrsverbünde gerade in Niederbayern und da sogar im Raum Landshut rügte MdL Büchler mit neidvollem Blick ins benachbarte Österreich, wo fünf leistungsstarke Verkehrsverbünde unter der Devise „Ein Weg, ein Ticket“ geplant seien. Bezirksverbandsgeschäftsführer Hermann Schoyerer warb dafür, den Begriff E-Mobilität „durchaus mal rüberzuziehen auf die Schiene“. Als blamabel erachtete Oliver Krischer den Elektrifizierungsgrad der Personenverkehrsstrecken der Deutschen Bahn von knapp 60 Prozent. „Die Schweiz hat hundert Prozent“, ließ er die Zuhörer wissen.
Quelle: Passauer Neue Presse vom 17.03.2021
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