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Von Michael Stolzenberg
Um den optimalen Rahmen für einen feuchtfröhlichen Abend zu schaffen, gibt es viele Möglichkeiten. Nicht das schlechteste Setting ist es, zeitgleich zum historischen Höhepunkt einer Selbstzerstörungs-Show des politischen Gegners zu einem launigen Umtrunk zusammenzukommen. So geschehen am Freitagabend bei der Veranstaltung „Auf ein Bier mit Cem & Maria“, bei dem die Grünen ihren langjährigen BundesChef Özdemir und ihre aktuelle Landshut-Kelheimer Bundestagskandidatin Krieger zusammenspannten, um sie über nachhaltiges Wirtschaften reden und sich dabei das eine oder andere ökologisch korrekte Kaltgetränk einzuverleiben zu lassen.
Rund 60 Teilnehmer wohnten diesem virtuellen Gipfeltreffen bei – denn nichts anderes war es: Maria Krieger, die der bekannten Riedenburger Brauerfamilie entstammt, war mal Bayerische Bierkönigin und Cem Özdemir, kein Witz, ist seines Zeichens stolzer ehemaliger Deutscher Bierbotschafter.
Fast folgerichtig ging es beim digitalen Dämmerschoppen nicht um abstrakte Fragen wie: Söder oder Laschet? Beziehungsweise: Baerbock oder Habeck? Sondern um konkrete Entscheidungen: Alkoholfreies Craftbeer oder Maibock? Lammsbräu oder Dolden Sud? Klingt nach einem kurzweiligen Abend, und der war es auch.
Die Bierkönigin führte den Bierbotschafter in die hohe Kunst des ganzheitlichen Genusses ein: Wer sein Bier liebe, dozierte Maria Krieger maximal anschaulich, der schaue zunächst zärtlich den Schaum an, versuche ein Knistern im Glas zu hören, rieche intensiv an dessen Inhalt – und genehmige sich erst dann den ersten Schluck. Özdemir wirkte beeindruckt und lernte schnell.
Wenig später war’s mit der eher unpolitischen Gemütlichkeit schlagartig vorbei. Ton und Bild begannen zu wackeln, schemenartig erkannte man noch eine Animation mit einem Igel, der ein „FCK AFD“-Schild hochhielt – dann ging die Zoomkonferenz offline.
Nach einer guten Viertelstunde konnte es weitergehen, und die leicht erblasste Krieger berichtete einigermaßen fassungslos: „Wir hatten einen Hacker-Angriff!“
Trost kam sofort. „Sieh das als Kompliment, Maria!“, trompetete Özdemir und fügte hinzu: „Immerhin hatten wir ja Bier.“
Fast schien es, als habe sich eine minimal ungeschliffenere Artikulation des möglichen künftigen Außenministers bemächtigt. Von wegen. Özdemir blieb präzise und moderierte den Abend inhaltlich wie humoristisch solide ab. Auch mit Blick auf die Beiträge anderer Diskussionsteilnehmer, die eine Abkehr von der Konsum- und Wegwerfgesellschaft beziehungsweise die Hinwendung zu Gemeinwohl orientierung und sozialem Unternehmertum thematisiert hatten, wies er darauf hin, „welchen Weg wir zurückgelegt haben“. Die Ideen der Grünen seien nun „in der Mitte der Gesellschaft“ angekommen.
Dort freilich hat sich nicht erst in der dramatischen letzten Woche auch Markus Söder rhetorisch eingenistet. Ach, Söder – seufzte Özdemir. Der wolle den Leuten tatsächlich glauben machen, dass er das Copyright für die intelligente Verbindung von Ökonomie und Ökologie besitze, die ja nun weißgott ein urgrünes Thema sei. Der CSU-Boss habe „keinerlei Skrupel“; es sei nicht auszuschließen, dass er demnächst auch noch behaupten werde, er sei der erste anatolische Schwabe im Bundestag gewesen.
Quelle: Landshuter Zeitung vom 19.04.2021
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