PNP-Ostbayernrunde: Es kann auch mal wehtun

PNP-Niederbayern-Runde mit Grünen-Landtags- und -Bundestagsabgeordneten – Geschlossen für Medizincampus Passau



Von Regina Ehm-Klier
Passau. Sie waren alle mit dem Auto gekommen – die Grünen-Abgeordneten Rosi Steinberger (Landshut), Toni Schuberl (Passau/FRG), beide im Landtag, und ihr Bundestagskollege Erhard Grundl (Straubing). Denn freilich: Mit dem ÖPNV das Medienzentrum Passau zu erreichen, um an der PNP-Ostbayernrunde teilzunehmen, wäre nicht so einfach gewesen. Mit einer intelligenten ÖPNV-Planung, Vernetzung in den Regionen und einem besseren Schienenausbau ließe sich indes auch auf dem Land ein akzeptabler Personennahverkehr hinbekommen, der zumindest, sagt Toni Schuberl, das Zweitauto und den Pendlerverkehr ersetzt.


Medizin-Campus: Jetzt mit Kooperation starten

PNP-Chefredakteur Ernst Fuchs hatte zur Niederbayern-Runde eingeladen, um mit den Redakteuren Regina Ehm-Klier (Heimatwirtschaft) und Wolfgang Lampelsdorfer (Regionalredakteur Passau) regionale Themen aus „grüner“ Sicht zu betrachten. Wenngleich die Abgeordneten sich sicher zeigten, dass unter ihrer Regierung alles besser wäre – von Energiewende bis Technologie-Fortschritt – gab Schuberl auch unverblümt zu: „Da habe ich Markus Söder fleißig applaudiert.“ Grund für diese Ausnahme war, dass der Ministerpräsident im Landtag von der geplanten Stärkung der bayerischen Universitäten sprach. Alle drei Abgeordneten begrüßen ausdrücklich die geplante Ansiedlung des Medizincampus in Passau. „Man darf da keine Kirchturmpolitik betreiben“, betont der Straubinger Grundl. Allerdings räumt Schuberl ein, dass es „Skepsis auf Fraktionsebene gibt“.
In der Ausgestaltung kritisiert Schuberl Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU), der bei einer Veranstaltung vor der Bedrohung für kleinere Krankenhäuser in Freyung, Grafenau oder im Landkreis Passau durch ein Uniklinikum Passau gesprochen habe. „Sie sind auch ohne Uniklinikum in Gefahr“, antwortet Schuberl. Kleinere Häuser könnten auf Dauer weder das Personal finden, noch Qualitätsstandards erfüllen. Für ihn liegt die Zukunft in Kooperationen der niederbayerischen Krankenhäuser. „Ich reagiere allergisch, wenn das unter den Tisch gekehrt wird. Man muss darüber reden.“
Insgesamt müsse der Ausbau der Hochschulen mit entsprechenden Mitteln ausgestaltet werden, also „dass keine Studenten auf dem Gang sitzen müssen und genügend Dozenten vorhanden sind“, sagt Schuberl. Auch das Verwaltungspersonal müsse dem Studierenden-Andrang angepasst werden, ergänzt Rosi Steinberger.
Die Vorbereitungen für eine Mediziner-Ausbildung in Niederbayern müssten frühzeitig beginnen, mahnt Schuberl Kooperationen und ein entsprechendes Studienangebot an der Universität Passau an. Hier nennt er die IT, eine der Stärken der Hochschule, oder auch Geisteswissenschaften in Verbindung mit Naturwissenschaften zu setzen. „Ein Medizincampus allein reicht nicht.“
Von der Arbeitsgruppe, die zwischenzeitlich erstmals getagt hat, fordert Rosi Steinberger eine „Transparenz der Schritte“. Nur den Startschuss zu verkünden, genügt ihr nicht, „ich erwarte hier einen Zeitplan“.

Landwirschaft im Wandel

Die derzeitigen Proteste der Landwirte sieht MdB Grundl eigentlich ganz gerne, „die Bauern merken, dass man politisch etwas erreichen kann“. Was alle Abgeordneten vermissen, sind indes Vorschläge von den Landwirten bzw. des Bauernverbands, wie sie den Wandel in der Landwirtschaft gestalten wollen. Die Landwirte seien in „ein System gedrängt worden“, sagt Steinberger, das auf Wachstum ausgerichtet war – mehr Tiere, mehr Hektar. Jetzt komme das böse Erwachen, „und die Bauern sind überrascht, dass sich tatsächlich etwas ändern muss“. Aber was? Die Subventionen gehen für Toni Schuberl in die falsche Richtung, nämlich „in die Senkung der Preise“. Geld müsse nicht in die Masse, sondern in die Transformation investiert werden. Denn ihm ist klar, dass viele Landwirte langfristig investiert haben. Aber das müsse man eben auch aussprechen, so wie insgesamt schmerzende Wahrheiten auch einmal auf den Tisch müssten, sind die Abgeordneten überzeugt. Mit frühzeitiger Einbindung Betroffener sei mehr zu erreichen, „als den Leuten nach dem Mund zu reden“, nennt Erhard Grundl Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) als Beispiel für eine „gefährliche Strategie“, weil der mehr Nitratmessstellen begrüßt. Grundl: „Nitratwerte lassen sich nicht herunterrechnen. So leidet die Glaubwürdigkeit der Politik.“
Auf die Frage, was denn zum Beispiel österreichische Bauern besser machten, nennt Rosi Steinberger die Solidarität unter den Bauern, die gemeinsam neue Wege suchen und finden.

Erneuerbare Energien abgewürgt

Einen Photovoltaik-Boom hat der Atomausstieg ausgelöst – „das war 2001 unter Rot-Grün“, erinnert Toni Schuberl und zählt die Errungenschaften von damals auf, zum Beispiel, dass der Atomausstieg für 2022 beschlossen war und eine Investitionssicherheit herrschte. Die Energiewende durch die Regierung Merkel habe das zunichte gemacht. Beim Zusammenbruch der Solarhersteller „war das Gejammer nicht so groß, wie jetzt bei der Kohle“, schimpft Schuberl. Rosi Steinberger war selbst Mitglied einer Windkraft-Genossenschaft – für sie ein gangbarer Weg, Akzeptanz bei der Bevölkerung zu gewinnen: „Der Schmerz über den Anblick eines Windrads wird gleich leichter, wenn man mit beteiligt ist.“
Große europäische Vernetzungen sieht Toni Schuberl als Lösung in der Energiewende. Und Speicherlösungen wie der Pumpspeicher Riedl im Landkreis Passau? Beim Standort hält sich Schuberl bedeckt, „aber ich nehme an, dass wir solche Speicher brauchen werden“.

ÖPNV-Ausbau: eine Notwendigkeit

Ob Toni Schuberl jemals mit dem ÖPNV (Öffentlicher Personennahverkehr) von seinem Hof in Daxstein (Lkr. Freyung-Grafenau) zu seinen Terminen in Bayern starten kann? Mit einer intelligenten Verkehrsplanung müsste auch das möglich sein, sind die drei niederbayerischen Grünen überzeugt. Als positiven Ansatz führt Schuberl den Landkreis Passau an, der mit dem zusätzlichen Rufbus Mobilität in jedes Dorf bringt und auf – nach seinem Geschmack noch zu wenigen – Hauptrouten den Stundentakt anbieten kann. Es ist ein Beispiel, „dass es geht“. Da jedoch die Landkreise selbst ihren ÖPNV verantworten, fehlten übergreifende Linien, Verbünde kommen erst langsam und mühsam in die Gänge. Schuberl wird deutlich: „Wenn wir CO2-neutral sein wollen, werden wir deutlich mehr Windräder und Photovoltaikanlagen haben und in Sachen Verkehr kommen wir ohne Bus und Bahn nicht voran.“ Ein attraktiver ÖPNV müsste adäquater Ersatz fürs Auto werden. Hier fallen ihm diverse Projekte ein: Eine Beschleunigung der Waldbahn durch die Begradigung der Strecke, ein Lückenschluss zwischen Wald- und Ilztalbahn oder zwischen Waldkirchen und Haidmühle, um eine Verbindung nach Krummau oder sogar Prag zu schaffen. Ein „attraktives Nahverkehrsnetz“ müsste geknüpft werden. Aber das alles kostet Geld: „Bei Straßen hat keiner ein Problem“, sagt Rosi Steinberger. Den ÖPNV „nimmt keiner ernst“, bedauert Schuberl.
Der durchaus streitbare Niederbayer lässt übrigens bei Straßenbauten oder Flächenverbrauch mit sich reden. So habe er einen Straßenneubau im Landkreis Passau befürwortet, weil sich Staatliches Bauamt und Untere Naturschutzbehörde gemeinsam an die Planung gemacht und eine vertretbare Lösung gefunden haben. Insgesamt fordert er bei neuen Projekten eine frühzeitige Bürgerbeteiligung und eine Abstimmung mit dem Naturschutz. „Das funktioniert.“
Ein Thema gibt es in dieser Ostbayern-Runde noch, das Erhard Grundl umtreibt: die fehlende Wahlrechtsreform. Dadurch verringert sich die Zahl der Abgeordneten, auch die der Grünen. Das schmerzt, „aber manchmal kann es auch wehtun.“

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